27.06.2023

Spannung und Sozialkritik

Die Oberkircher Burgbühne lässt den Meisterdetektiv Sherlock Holmes in einem Theaterstück ermitteln, das junge Talente und bewährte Aktive in authentischen Kostümen glänzen lässt.

Oberkirch. Der Meister der Detektive ermittelte am Freitagabend im Garten des „'s freche hûs“. Nicht nur „Sherlock Holmes. Tod im Nebel“ feierte an diesem Abend Premiere. Auch Rob Dornboos gab mit der Kriminalkomödie sein Debüt als neuer Burgbühnen-Regisseur.

Pulsierendes Leben

Der Garten des „'s freche hûs“ verwandelt sich in diesem Sommer in das London der 1920er-Jahre. Die berühmte Baker Street, Wohnort von Sherlock Holmes und seines Freunds Dr. Watson, steht dem Allegra-Theater gegenüber. Immer wieder wuselt auf den Straßen das pulsierende Leben einer sich industrialisierenden Gesellschaft. Dort treffen edle Herren auf Bettler und Straßenzeitungen verkaufende Kinder auf Damen der Heilsarmee – allesamt wunderbar im Stil der Jahrhundertwende eingekleidet. Die Damen der Heilsarmee entpuppen sich allerdings als Frauen aus dem Allegra-Theater, das neben Tanz noch andere Dienstleistungen anbietet und deren Chefin sich als Widersacherin des berühmten Meisterdetektivs herausstellt.

Dieses Gegenüber macht den Reiz des Stückes aus. Der selbstverliebte, analytische Sherlock Holmes, der ein nahezu erotisches Verhältnis zur Verbrechensaufklärung hat, von der Weiblichkeit der Tänzerinnen aber völlig verunsichert ist, trifft auf die von Rachegefühlen zerfressene Elizabeth, Chefin des Theaters Allegra. Diese beiden emotional völlig unterschiedlichen Charaktere haben die Hauptdarsteller Raphael Reimold als Sherlock Holmes und Ulrike Kliewer-Mayer als Theaterchefin hervorragend herausgearbeitet. Weil Holmes Elizabeths Sohn einst des Verbrechens überführt und an den Galgen gebracht hat, will sich die Chefin des zwielichtigen Tanztheaters am Meisterdetektiv rächen und geht dabei über Leichen.

Bittere Armut

Die Kriminalgeschichte hat ihre humoristischen Seiten. Sie kommen vor allem im Geplänkel zwischen Sherlock Holmes und seinem Freund Watson (Lennard Boschert) zum Ausdruck. Auch der Auftritt von Burgbühnen-Urgestein Arthur Hilberer als verschämter Mr. Summer, der unter den Tänzerinnen das Ergebnis eines einstigen Verhältnisses zu seinem Dienstmädchen sucht, brachte das Publikum zum Schmunzeln. Autor Jürgen von Bülow saß bei der Premiere im Publikum. Er hat in der Geschichte auch Sozialkritik untergebracht. Besonders die erste Hälfte der Komödie nimmt das Schicksal der Tänzerinnen (Chiara Lanzilotti, Tamara Busam, Maria Frassica und Vanessa Söllner-Kohler) unter die Lupe. Als Waisenkinder sind sie einst im Theater Allegra gelandet und müssen den Herren nicht nur als Tänzerinnen zu Diensten sein, um der Armut zu entgehen. Wie Frauen zur Ware werden, bringt es die Theaterchefin auf den Punkt, als sie einem Gentleman anbietet: „Ihre ausgedienten Mädchen können Sie gerne bei mir entsorgen“.

Tanzeinlagen, Nebel im Theater und der ein oder andere Schuss haben dem Theaterstück zusätzlichen Charme verliehen. Das junge Ensemble hat gezeigt, dass sich die Burgbühne keine Sorgen um den Nachwuchs machen muss. Selbst die Hauptrolle des Sherlock Holmes wurde mit Raphael Reimold sehr jung besetzt. Regisseur Rob Doornbos kann also für seine zukünftigen Projekte sowohl auf erfahrende Schauspieler als auch auf junge Talente zurückgreifen.

Im Allegra-Theater treffen die Tänzerinnen auf die edlen Herren. (Bild 1)

Die Dialoge zwischen Sherlock Holmes (Raphael Reimold, links) und Dr. Watson (Lennard Boschert) sorgten für einige Lacher im Publikum. (Bild 2)

Bericht und Fotos: Katharina Reich - reiffmedien